Wer war Thomas Nast?

Der Erfinder des modernen Weihnachtsmannes!

Thomas Nast wurde 1840 in Landau als Sohn eines bayerischen Militärmusikers und seiner aus Mörlheim stammenden Mutter geboren. Schon als 6-jähriger Junge wanderte er 1846 mit seiner Mutter, seiner älteren Schwester und der Schwester seines Vaters in die USA aus. Sein Vater, der nach der Abreise von Frau und Kindern auf eigenen Wegen die USA zu erreichen suchte, vereinigte sich mit seiner Familie erst vier Jahre später in New York9.
Thomas Nasts Schulzeit in New York war keine Erfolgsgeschichte. Auch ein Wechsel auf eine deutschsprachige Schule brachte nicht den erhofften Lernerfolg in den grundlegenden Fächern10 Dagegen fiel er seinen Lehrern früh durch sein besonderes Zeichentalent auf und wurde entsprechend gefördert. Nach seinem 13. Lebensjahr erhielt Thomas Nast von Frederick Kaufmann, einem anerkannten deutsch-amerikanischen Maler, privaten Unterricht und er konnte bald eine Ausbildung an der New Yorker „Academy of Design“ aufnehmen. Mit großem Eifer besuchte er zusätzlich Museen und Galerien, um sein Zeichen- und Maltalent durch Kopieren der dort hängenden Meistergemälde zu schulen. Als Fünfzehnjähriger verließ er die Kunstakademie, um eine Stelle als Zeichner und Graveur bei „Frank Leslie’s Illustrated News“ in New York anzunehmen. Der versierte Zeichner Sol Eyting nahm den jugendlichen Nast unter seine Fittiche und verhalf ihm in einer Art Lehrzeit von gut drei Jahren zur Meisterschaft im journalistisch ausgerichteten Zeichnen und Gravieren.
Der heranwachsende deutsche New Yorker nahm wach an dem turbulenten Leben der expandierenden Einwanderermetropole teil. Mit wachsendem Interesse setzte er sich mit den gesellschaftlichen und politischen Geschehnissen auseinander, zumal sie ja die Themen seiner täglichen Zeichen-und Gravur Arbeit abgaben.
Seine sich dabei entwickelnden politischen Ansichten richteten sich gegen das von Iren und der demokratischen Partei beherrschte System der Patronage und Korruption in der Stadt New York. Seine engagierte Beteiligung an den Kampagnen von Frank Leslies Magazin, wie z.B. der Kampf gegen die Korruption in der städtischen Polizei und die Aufdeckung des Skandals um Produktion verdorbener Milch, führten zu einen kritischen Zugriff auf die Politik.
Die in der nationalen Politik immer stärker in den Vordergrund tretende Frage der Sklaverei veranlasste Thomas Nast, wie so viele der deutschen Einwanderer auch, sich der Haltung der 1856 gegründeten Republikanischen Partei zuzuwenden, da diese als wesentliches politisches Ziel die Eindämmung der Sklaverei in den USA verfolgte.
Nach gut dreijähriger Mitarbeit verließ Thomas Nast als 19-jähriger „Frank Leslie’s Illustrated News“ und übernahm als freier Mitarbeiter unterschiedliche Aufträge von der „New York Illustrated News“ und „Harper’s Weekly“
Er besuchte Europa, berichtete auftragsgemäß von dem in England stattfindenden Weltmeisterschaftskampf im Boxen, zog als Kriegsberichterstatter im Befreiungskampf mit Garibaldi durch Italien und stattete auf der Rückreise seiner Geburtsstadt Landau und seinen Verwandten einen wenige Tage währenden Besuch ab. Es blieb sein einziger.
Thomas Nast heiratete im September 1861 Sarah Edwards, eine Tochter aus einer liberalen Familie des New Yorker Bildungsbürgertums. Nast hat dieser Verbindung unter anderem seine Liebe zum Theater und zur Literatur zur verdanken. Über Sarahs Belesenheit wurde er mit den Stoffen der Weltliteratur vertraut, die er später in der Bildlichkeit seiner Karikaturen als signifikante visuelle Ausdrucksmittel einsetzte. Im Jahre 1862 erfolgte Thomas Nasts feste Anstellung bei „Harper’s Weekly“, die zu einer über zwei Jahrzehnte währenden Zusammenarbeit werden sollte.
Mit Rücksicht auf seine junge Frau trat er nicht in die Armee ein und war bis auf ein paar Monate zuhause in New York. Doch griff er als Zivilist und Illustrator in nicht gekannter Wirksamkeit entscheidend in den Ablauf des Krieges ein. Mit seinen berühmt gewordenen Bürgerkriegsillustrationen in „Harper’s Weekly“ ( wie zum Beispiel „Christmas Dinner“, „Santa Claus in Camp“, „A Gallant Colorbearer“‚ „War in the Border States“, „Christmas Furlough“) traf Thomas Nast die in den Nordstaaten vorherrschende patriotische Stimmung und verstärkte sie.

Er trug damit wesentlich zum Widerstandswillen der Unionsbevölkerung in den kritischen Jahren 1862-1863 bei, als die erhofften schnellen militärischen Erfolge ausblieben.

Präsident Lincoln zollte dem Wirken Nasts höchstes Lob, auf das dieser zu Recht stolz war: “Thomas Nast has been our best recruiting sergeant. His emblematic cartoons have never failed to arouse enthusiasm and patriotism, and have always seemed to come just when these articles were getting scarce“19.(Thomas Nast war unser bester Rekrutierungsoffizier. Seinen Karikaturen gelang es immer, Beigeisterung und Enthusiasmus zu wecken, und zwar immer dann, wenn es daran zu mangeln schien)

Auch U.S. Grant bewertete in der Rückschau den Beitrag des Zivilisten Nast zur der Erhaltung der Union als einzigartige Leistung.

Nach dem Bürgerkrieg schlug Nast als Zeichner einen neuen Weg ein und entwickelte seine gefühlsbetonten Illustrationen hin zur politischen Karikatur. Im publizistischen Kampf gegen den korrupten Boss William Tweed des New Yorker „Tammany Ring“ schuf er sarkastisch pointierte und in der Aussage unmittelbar wirkende cartoons , die ihm die Bezeichnung ‚Vater der modernen politischen Karikatur’ eintrug. In der monatelangen Kampagne gegen den „Tammany Ring“ entfaltete sich „Nast’s most powerful work: a sustained attack which in its passion and effectiveness stands alone in the history of American art"21.(….entfaltete sich Nasts mächtigstes Wirken: eine anhaltende kontinuierliche Attacke, die in Leidenschaft und Effektivität in der Geschichte amerikanischer Kunst kein Beispiel findet).

Die Tatsache dass der allmächtig erscheinende Boss William Tweed im November 1871 für eine strafrechtlichen Verfolgung festgenommen werden konnte, war nach dem Empfinden der Öffentlichkeit vorwiegend Nasts unbeirrter Offenlegung des korrupten Systems Tweed in Stadt und Staat New York in seinen Karikaturen zu verdanken. Die “New York Times” und der “Union League Club of New York” waren mit ihren Initiativen Nasts renommierte Verbündete.

Nast wurde in diesen Jahren zu einem der einflussreichsten Journalisten im politischen Meinungskampf der USA. Am 20. März 1872 rühmte die „New York Times“ in einem Leitartikel dessen für einen Künstler einzigartige politische Macht22. In Jahresfrist hatte sich die Auflagenzahl von „Harper’s Weekly“ verdreifacht und Thomas Nast wurde neben Chefredakteur und Mitherausgeber George Curtis zur bestimmenden Persönlichkeit in der nunmehr bedeutendsten politischen Wochenzeitung der USA.

Eine Konstante in Nasts politischer Haltung war seine Verehrung für den Bürgerkriegsgeneral und zweimaligen Präsidenten U.S. Grant. Mit bissigen Karikaturen bekämpfte Nast Grants politische Konkurrenten und hat so mitentscheidend zu dessen zweimaligen Wahlsieg beigetragen.

In der bildlichen Gestaltung seiner Karikaturen setzte er zunehmend auf Klarheit in der Komposition und gebündelte Schlagkraft in den Aussagen. Er prägte Symbole wie den reißenden Tiger und den beutemachenden Geier, den Elefanten für die republikanische Partei, popularisierte den Esel als Symbol für die demokratische Partei und schuf die Figur des Uncle Sam zur Verkörperung der USA. Er entwickelte die Figur des Santa Claus und erfreute damit zusammen mit seinen jährlichen Weihnachtsillustrationen Jung und Alt in der ganzen Nation.

Tomas Nast wurde in Landau in bescheidene Lebensverhältnisse hinein geboren. Die Familie des Militärmusikers und der bei einem Färber arbeitenden Mutter wohnten wegen der „Familienresidenzpflicht“ in der „Roten Kaserne“ in Landau. Das Leben in Gemeinschaft mit soldatischen Stubengenossen bedeutete ein für heutige Vorstellungen „menschenunwürdiger Zustand“.

Dennoch hatte Vater Josef Nast für den Fall einer Auswanderung und die Gestellung eines Ersatzmannes genügend Geld hinterlegt und Mutter Appolonia konnte bei der Einschiffung in Le Havre neben einem bezahlten Billet auch genügend Barmittel vorweisen, um ausreisen zu dürfen. Die vergleichsweise komfortable Belegung einer Kajüte bei der Überfahrt und der problemlose Start in das neue Leben in New York lassen darauf schließen, dass die Familie nicht mittellos war25. Dennoch war das Leben der Nasts in New York durch eher bescheidene wirtschaftliche Verhältnisse gekennzeichnet, was auch Nasts frühzeitige Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses erklärt.

Thomas Nast, vom Wuchs her eher klein, stellte sich in seinen Zeichnungen, häufig als kleinen dicken Jungen und Jugendlichen dar, der mit wirrem Jahr und unordentlicher Kleidung nicht viel Wert auf äußere Form legte. Fernab jeglicher Eitelkeit machte er sich mit seinem angeborenem Humor häufig über sich selbst und seine vermeintlichen Schwächen lustig. „By mocking himself, Nast transformed his lack of education and maturity into the very qualities that made him a pleasant companion. He used this method not only in his courtship to Sarah Edwards but also in his travels, employment, and friendships for the rest of his life”26 (Indem er sich über sich selbst lustig machte, kompensierte er den Mangel an Bildung und Reife und wurde so zu einem angesehenen Zeitgenossen. Dieser Wesenszug half ihm bei seiner Werbung Sarah Edwards ebenso wie bei seinen Reisen, seinen Anstellungen und Freundschaften für den Rest seines Lebens

Seine ethnische Identität als Einwanderer deutscher Herkunft wurde zunächst durch seine Sozialisation in dem mit „Kleindeutschland“ vergleichbaren Bezirk der William Street nachdrücklich verstärkt. “To be a German immigrant was to buy German cakes at the corner store, to attend a German school, and to apprentice a German master artist”. (Ein deutscher Einwanderer zu sein bedeutete, deutsche Kuchen im Laden an der Ecke zu kaufen, eine deutsche Schule zu besuchen und bei einem deutschen Meister in die Lehre zu gehen.)
Mit seinem Karrierebeginn als Zeichner zu Zeiten des Bürgerkriegs und seiner Heirat mit Sarah Edwards begann bei Nast die Loslösung von seinem Familienhintergrund und seiner ethnischen Prägung. Er trat seinen Weg in die Mitte der amerikanischen Gesellschaft an, von wo er aus mit der patriotischen Gesinnung eines amerikanischen Staatsbürgers seinen so bedeutenden Beitrag für die Erhaltung der Union leistete. Karl Scherer betont zurecht, dass Nast kein „Bindestrich-Amerikaner“ war und sich nicht als Zugehöriger der Volksgruppe der German-Americans betrachtete. In seiner persönlichen Umgebung findet man nur wenige German-Americans und die in weiten Teilen der USA verbreiteten Eigentümlichkeiten der deutschen Alltagskultur hat er mit seinen Karikaturen und Zeichnungen eher satirisch begleitet.